abta Business Travel Lounge: Die Gefahr im Nahen Osten
Mit einer spannenden „Business Travel Lounge“ startete die abta in das neue Jahr. Die renommierte Nahost-Expertin Karin Kneissl stellte sich dem hochaktuellen Thema „Die terroristische Bedrohung des religiösen Fanatismus und seine Bedeutung für Europa“.
Den zweiten Teil des gut besuchten Abends im attraktiven „Sky Conference“ der Raiffeisen Bank International am Wiener Stadtpark bestritt die Geschäftsführerin der Schienen Control GmbH und Leiterin der dort angesiedelten Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte, Maria-Theresia Röhsler, die über die Leistungen für Business Travel Manager und das allgemeine Reisepublikum informierte.
Der Kampf „im Namen Gottes“
„Wenn alle politischen Ideen versagen, wird im Namen Gottes gekämpft. Dieses Phänomen des religiös inspirierten politischen Handelns erleben wir derzeit besonders intensiv in der moslemischen Welt“, berichtete Karin Kneissl. Mit 1,8 Milliarden Anhängern sei der Islam die am schnellsten wachsende Religion – und die Gelder der reichen Ölstaaten hätten viel zur Verbreitung in seinen radikaleren Ausprägungen beigetragen – von Afrika bis Bosnien.
Dazu komme der seit dem 7. Jahrhundert bestehende innere Konflikt zwischen Sunna und Schia, der heute in vielen Staaten zu einem Stellvertreterkrieg geworden sei und bis Europa ausstrahle, wo sich sunnitische Tschetschenen und schiitische Kurden gegenüberstehen, stellte Kneissl fest.
Die Zahl der „No go Areas“ nimmt zu
Auf den Tourismus bezogen bedeute dies, dass der Globus früher viel weniger „weiße Flecken“ hatte als heute. So konnte man vor noch gar nicht allzu langer Zeit als Europäer mit der Bahn von Berlin nach Bagdad fahren, in Kabul Musik studieren, Algerien und den Jemen besuchen oder in Damaskus und Aleppo arbeiten. Dies alles ist heute nicht mehr möglich.
Dabei nehme die Liste der „No go Areas“ eher zu als ab, so die Nahost-Expertin: „Staaten zerfallen in Stadtstaaten, zwischen denen gesetzlose Räume liegen“. Dies sei nicht nur im Nahen Ostender Fall, sondern auch in vielen mittelamerikanischen Staaten. „Ähnliches gilt für manche Pariser Vororte „Global gesehen verliert der transatlantische Nordwesten an Bedeutung. Nicht nur Airlines und Pipelines wandern nach Süden und Osten“, betonte Kneissl.
Das „Überangebot zorniger junger Männer“
Als das vermutlich größte Problem der Zukunft sieht die Expertin die gewaltigen demographischen Verwerfungen: „Ich bin relativ zuversichtlich hinsichtlich Syrien. Der Krieg wird enden und selbst Palmyra wird wieder aufgebaut. Nicht enden wird jedoch der Migrationsdruck“. So hatte Syrien im Jahr 1950 rund 9 Millionen Einwohner. Heute sind es hingegen 24 Millionen. Die Folge sei ein „Überangebot zorniger junger Männer“ – und deren Perspektivenlosigkeit wiederum ein wesentlicher Grund für die um sich greifenden Kämpfe und den Terrorismus.
Ein Ziel des IS sei es, den Territorialstaat abzuschaffen und durch eine religiös begründete Gemeinschaft der Gläubigen („Umma“) zu ersetzen. In den Niederlanden erklärten beispielsweise 50 bis 60 Prozent der jungen Moslems, die Religion stehe über dem Staat, sorgt sich Kneissl: „Eine wahrhaft beunruhigende Entwicklung. Selbst in bisher ruhigen Staaten wie Ägypten oder Türkei ist ein Aufstieg des politischen Islams zu beobachten – und ein Großteil der jungen Saudis ist für den IS“.
Zuwanderung in bestimmte Sozialsysteme
Was die aktuelle Situation in Europa betrifft, so gehe es in erster Linie um Zuwanderung in bestimmte Sozialsysteme, betonte Kneissl: „Es tut mir leid, aber das ist ein Faktum. So will beispielsweise jeder zweite Nigerianer gezielt in eines von vier europäischen Länder auswandern – und nicht in einen von 28 EU-Staaten. Und das sind grob gesprochen 100 Millionen Menschen“.
Kneissl rechnet daher auch nicht mit einer „europäischen Lösung“ der Flüchtlingsfrage. Vielmehr drohe ein Abgleiten in die Anarchie, wenn es nicht zu anderen Lösungen kommt: „Das Nord-Süd-Wohlstandsgefälle wird zum größten sicherheitspolitischen Problem. Besonders deutlich ist das am Beispiel Afrikas, dessen Bevölkerung sich in kurzer Zeit verdoppelt hat“.
Die Schlichtungs- und Durchsetzungsstelle
Die 2015 geschaffene Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) ist eine Abteilung der Schienen Control GmbH. Sie hat fünf Mitarbeiter und wird zu 60 Prozent vom Verkehrsministerium und zu 40 Prozent von den Unternehmen finanziert. Ihre Vorteile liegen in den niedrigen Kosten, der geringen Formalisierung und der Eignung für Kleinststreitwerte, erklärte Geschäftsführerin Mag. Maria-Theresia Röhsler in ihrem Referat.
Dazu kommen eine kurze Verfahrensdauer von 28 Tagen, die Entlastung der Gerichte und eine Stärkung der Position der Passagiere. Vor allem aber arbeitet die apf ohne Provision und Kosten für die Verbraucher. Die Zuständigkeit erstreckt sich auf alle Beschwerdefälle aus der Beförderung. Tätig wird die apf aber erst, wenn zuvor keine Einigung mit den beteiligten Unternehmen erreicht werden konnte.
1.722 Beschwerden mit 86% Erfolgsquote
„Im Bahnverkehr kann man sich im Prinzip über alles beschweren“, so Röhsler. Im Flugverkehr geht es um die Fluggastrechte, die bei einer Ankunftsverspätung ab drei Stunden einen Anspruch auf Entschädigung bis zu 400 EUR je nach Entfernung vorsehen. Im Flugbereich wurden bisher 1.722 Beschwerden mit einer Erfolgsquote von 86% bearbeitet. „Damit haben wir für die Passagiere einen Gesamterfolg von 285.000 EUR erwirtschaftet“, betonte Röhsler.
Häufigste Beschwerdegründe sind Annullierungen, Verspätungen und Nichtbeförderungen, am häufigsten betroffen sind Austrian, Air Berlin und die spanische Billigfluglinie Vueling. „Wir sind nicht nur Schlichtungs- sondern auch Durchsetzungsstelle“, so Röhsler, die abschließend auf die detaillierten Informationen auf der apf-homepage www.apf.gv.at verwies.
Dieser (leicht gekürzte) Text wurde tma-online von Dr. Elisabeth Zöckl zur Verfügung gestellt. Die Redaktion bedankt sich herzlich!