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Neue Probleme im Incoming: Die Gäste aus Übersee bleiben aus

Die humanitäre Katastrophe des Kriegs in der Ukraine macht die langsam einsetzende Erholung des Incoming-Tourismus in Österreich zunichte. Besonders betroffen sind die Stadthotels in Wien und - durch die steigenden Energiekosten - auch die Spa-Hotels.

Vor allem Gäste aus den Fernmärkten sehen Österreich derzeit zu nahe am Kriegsschauplatz Ukraine. Gleichzeitig fordern die anhaltend hohen Corona-Infektionszahlen ihren Tribut. „Die Amerikaner haben weniger Flugbuchungen, auch die asiatischen Gäste bleiben aus", berichtet ÖHV-Sprecher Martin Stanits im Gespräch mit der APA.

„Die hochschießenden Energiekosten sind ein weiterer Dämpfer für die Betriebe - vor allem für jene mit einem Spa-Bereich", merkt Stanits an. Der neuerliche Einbruch der Buchungszahlen würde dabei die Wiener Stadthotellerie besonders hart treffen, die ohnehin seit Beginn der Pandemie am Boden liege und stark von Touristen aus Fernmärkten abhängig sei.

„Mit voller Wucht getroffen"

Nach zwei Jahren Geschäftsausfall durch die Pandemie habe der Russland-Ukraine-Konflikt die Wiener Incoming-Branche mit „voller Wucht getroffen", berichtet auch der Obmann der Fachgruppe der Reisebüros in der Wirtschaftskammer Wien, Gregor Kadanka. Die Wiener Incoming-Reisebüros hätten „nur noch Stornos und Umbuchungen".

In den ersten Wochen des Jahres seien erste Buchungen aus den internationalen Märkten zu verzeichnen gewesen. „Nun ist wieder alles anders." Gerade für Gäste aus den USA, Südamerika, Kanada, Asien und Australien herrsche „Krieg in Europa", hält Kadanka fest: „Sie empfinden die Entfernung von Wien zur Ukraine als sehr gering, sind verunsichert und verängstigt."

Tatsächlich ist die Distanz der Bundeshauptstadt zur Westukraine mit jener zu Vorarlberg vergleichbar. Verstärkt werde auf Gruppenreisen im eigenen Land zurückgegriffen oder die Reisenden wählten „sichere" Destinationen „abseits von Europa", so Kadanka.

Praktisch keine Neubuchungen

„Reisen werden storniert oder längerfristig umgebucht. Neue Buchungen werden derzeit überhaupt nicht getätigt. Selbst bei einem Ende des Krieges wären die potenziellen Gäste noch einige Zeit verunsichert", ist sich der Reisebüro-Sprecher sicher. Dazu kämen weitere Faktoren wie die hohe Inflation, steigende Kerosinpreise und die Pandemie.

Im Jahr 2019 - vor Beginn der Coronakrise - waren beispielsweise noch 2,05 Millionen Nächtigungsbuchungen in Österreich auf Amerikaner entfallen, 2021 waren es nur noch 375.400 - ein Minus von 82%. Auch der Wegfall russischer und ukrainischer Gäste schmerze die Branche, betont Martin Stanits.

Schon während der Pandemie gingen die Urlauberzahlen spürbar nach unten. Die Touristen aus dem Osten hätten nicht nur im Lockdown gefehlt, sondern auch danach, weil Sputnik V in Österreich nicht als Impfstoff anerkannt wird. „Das führte zu einem De-facto-Einreiseverbot für osteuropäische Gäste", kritisiert er.

Nur noch 0,3 Prozent der Nächtigungen

Zuletzt war der Anteil der beiden Nationen an den Buchungen jedenfalls verschwindend gering: Urlauber aus der Ukraine machten 2021 laut Statistik Austria mit fast 119.000 Nächtigungen nur etwa 0,15% der österreichweit insgesamt knapp 79,6 Millionen touristischen Übernachtungen aus - um 79% weniger als vor der Pandemie im Jahr 2019 mit damals noch knapp 555.900 Buchungen aus der Ukraine.

Aus Russland kamen noch weniger Gäste: Der Buchungsanteil betrug im zweiten Coronajahr mit rund 96.000 Nächtigungen lediglich 0,12% - nach 1,19 Millionen Nächtigungen im Jahr 2019. Die Russen und die Ukrainer waren zudem großteils sehr ausgabefreudige Touristen mit rund drei- bis viermal so viel Geld in der Börse wie der durchschnittliche Urlauber. „Wenn sie da sind, bleiben sie länger als der Durchschnittsgast und sie konsumieren ordentlich", berichtet Stanits.

Russen und Ukrainer füllten das Jännerloch

Gelegen kam der Branche bisher auch, dass die Gäste aus Russland und der Ukraine das „Jännerloch" in den Beherbergungsbetrieben füllten, denn sie kamen am liebsten zwischen dem 6. Jänner und den Semesterferien. In dieser Zeit ist der Nächtigungsanteil der Deutschen und der Österreicher nicht so hoch.

Generell machten sie hauptsächlich im Winter Urlaub in Österreich. Auch wenn der Anteil der Urlauber aus den beiden osteuropäischen Ländern insgesamt nicht so hoch ist, wirkt sich deren Fernbleiben auf eine ganze Reihe von Destinationen überproportional stark aus.

Hotspots sind besonders betroffen

Es gibt einige Hotspots, auf die sich die Buchungen bisher konzentriert hatten. Dazu gehörten beispielsweise Wien, Mayrhofen im Zillertal, Sölden, Ischgl und Zell am See. Letzteres ist vor allem bei arabischen Gästen sehr beliebt, aber auch bei russischen. Bei den Sommergästen war Innsbruck besonders gut gebucht.

„Zuallererst muss es darum gehen, das menschliche Leid zu beenden - alles andere ist nachrangig", betont Stanits: „Wir können die wirtschaftlichen Auswirkungen dennoch nicht außer Acht lassen. Es geht um den Lebensunterhalt vieler Menschen, das lässt sich nicht so einfach ausblenden - auch nicht mit dem Verweis auf tatsächlich viel schlimmeres Leid anderswo." (apa/red) 





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