Trend bei Geschäftsreisen: Weniger, aber dafür sinnvoller
Geschäftsreisen werden auf einem niedrigeren Level als vor der Pandemie bleiben, glaubt Sophie Hulgard, Senior Vice President Sales Northern Europe bei Accor. Sie erwartet für 2022 einen Rückgang um 20% im Vergleich zu 2019.
Accor hat 2021 das Expertengremium „Masters of Travel“ ins Leben gerufen. Zehn europäische Führungskräfte, die für Firmen- und Geschäftsreisen verantwortlich sind, treffen einander einmal pro Jahr, um gemeinsam über die Zukunft von Meetings und Geschäftsreisen in einer Welt nach der Pandemie zu sprechen.
Ihre Einschätzung beim jüngsten Treffen in Frankfurt fiel eindeutig aus: Die Zahl der Geschäftsreisen geht zurück, aber dafür werden sie sinnvoller. Der Grund für diese Prognose: Die Technologie ersetzt die Notwendigkeit, zu reisen. Was bleibt, sind Reisen, die als erfolgsentscheidend für das Geschäft eingeschätzt werden.
Zwingender Bedarf an physischen Meetings
Daher gibt auch weiterhin einen zwingenden Bedarf an physischen Meetings. Entsprechend gaben die Teilnehmer der „Masters of Travel“-Runde als Geschäftspriorität für 2022 an, ihre Mitarbeiter nach Monaten im Home Office zu motivieren, wieder zu reisen. Sie gehen davon aus, dass die Produktivität und der Umsatz steigen, wenn sich Menschen wieder persönlich treffen.
Wie eine Studie von Accor herausfand, erwarten sich die Geschäftsreisenden von persönlichen Treffen im Durchschnitt einen um 25% höheren Umsatz als bei virtuellen Treffen. Zudem gehen sie davon aus, dass sie durchschnittlich um 23% mehr Geschäfte pro Jahr abschließen, wenn sie mit ihren Kontakten von Angesicht zu Angesicht sprechen - anstatt nur Video- oder Telefonkonferenzen zu führen.
Geschäftsreisen mit Sinn sind gefragt
Generell stellte die „Masters of Travel“-Runde fest, dass sich die Prioritäten bei den Geschäftsreisen stark verschoben haben: Nachhaltigkeit und Wellbeing sind inzwischen zu entscheidenden Kriterien geworden, ob Reisen im Berufskontext als sinnvoll erachtet werden oder nicht.
„CO2-Emissionen zu kompensieren, ist nicht mehr ausreichend. Unsere Hotelpartner müssen nachweisen können, dass sie den CO2-Fußabdruck von Geschäftsreisenden aktiv reduzieren“, berichtete ein Delegierter. Ein weiterer Gesprächspartner brachte die zentrale Bedeutung von Umweltfragen auf den Punkt und prognostizierte, dass Unternehmen „2023 ein Emissions- an Stelle eines Kostenbudgets haben werden.“
Methoden für nachhaltige Geschäftsreisen
Die Covid-19-Pandemie hat das Aufkommen des „achtsamen Reisens“ jedenfalls gefördert, bei dem Geschäftsreisende darauf achten, dass die Reise beruflich, wirtschaftlich, nachhaltig und persönlich sinnvoll ist. Laut „Masters of Travel“ können folgende Methoden dabei helfen, Geschäftsreisen nachhaltiger und sinnvoller zu gestalten:
- Vergleich von Hotel- und Transportoptionen mit Hilfe von CO2-Rechnern, um Reisende und Buchende für die CO2-Kosten ihrer Reisen zu sensibilisieren. Tools wie der Carbon Calculator von Accor erhöhen das Bewusstsein und das Verständnis, indem die CO2-Auswirkungen der gesamten Reise aufgeschlüsselt werden.
- Förderung längerer „Bleisure“-Aufenthalte, was in der Vergangenheit nicht immer wohlwollend betrachtet wurde. Der „Linger Longer"-Trend spielt dabei eine immer größere Rolle. „Denn vier oder fünf Kunden zu treffen, statt nur einen oder zwei, bedeutet weniger Reisen und weniger Kohlendioxid-Ausstoß", erklärt ein Delegierter.
- Auf hohe Nachhaltigkeitsstandards bestehen und kein „Greenwashing" akzeptieren. Falsche Angaben von Partnern zu den Umweltauswirkungen von Geschäftsreisen können schnell zum Boomerang werden, wenn diese auffliegen. „Hotels ohne ein klares, grünes und zielorientiertes Nachhaltigkeitsprogramm werden zukünftig als Partner nicht mehr in Frage kommen", so ein Delegierter. Alle waren sich zudem einig, dass die grünen Initiativen aller Partner von Dritten validiert werden müssen.
- Das Hotel- und Gaststättengewerbe soll Geschäftsreisende durch proaktive Aufklärung auf eine umweltfreundliche Reise mitnehmen, indem besser über die Auswirkungen bestimmter Entscheidungen bei der Buchung und während des Aufenthalts eingegangen wird.
- Auf starke Referenzen von Lieferanten bestehen - nicht nur in Bezug auf ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch in Bereichen wie Geschäftsethik, verantwortungsvoller Tourismus, Engagement für die Gemeinschaft, Vielfalt und Inklusion.
Die Geschäftsreisen der Zukunft
„20% der Geschäftstreffen werden vielleicht nie mehr stattfinden“, kommentiert Sophie Hulgard: „Wir beobachten aber das Entstehen eines viel zielgerichteteren Geschäftsreisesektors, in dem die Unternehmen den Wert jeder Reise maximieren wollen, um Teams wieder zusammenzubringen, die Kultur zu fördern, Strategien zu entwickeln, Geschäfte abzuschließen und die Bindung zu den Mitarbeitenden zu stärken“.
Geschäftsreisen würden echte Verbindungen ermöglichen und hätten daher einen unglaublichen Wert - nicht nur finanziell, sondern auch in Bezug auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden und die Loyalität gegenüber dem Arbeitgebenden, so Hulgard: „Aber die Zukunft der Geschäftsreisen muss inkonsequente Reisen verbannen und sie durch geschäftsentscheidende Reisen ersetzen, die nachhaltig geplant sind und dem Arbeitnehmenden, dem Arbeitgebenden und dem Planeten nützen.“ (red)