Intensive Diskussion bei der ABTA Business Travel Lounge in Graz
Gemeinsam mit dem Flughafen Graz lud die ABTA kürzlich Reisemanager aus der Steiermark zu einer Business Travel Lounge. ABTA-Präsident Roman Neumeister konnte dabei Flughafen-Geschäftsführer Wolfgang Grimus als Referenten begrüßen, der Aktuelles zum Airport der steirischen Metropole präsentierte.
Danach folgte eine spannende Podiumsdiskussion zum Thema „Aktuelle Herausforderungen der Branche“ mit Alexander Schnecke (Austrian Airlines), Sabine Toplak (Accor Hotels), Peter Tolinger (BTU Business Travel Unlimited) und Christian Fux (Hertz Autovermietung), die von Roman Neumeister moderiert wurde.
Auswirkungen von Covid-19 auf die Luftfahrt
Wolfgang Grimus, der seit 1. Jänner 2021 gemeinsam mit Mag. Jürgen Löschnig an der Spitze des Grazer Flughafens steht, berichtete zunächst über die Auswirkungen der Covid-Krise auf sein Unternehmen anhand einiger Zahlen und Daten. So sei der Umsatz von 37 Millionen Euro (2019) auf 14 Millionen Euro (2021) zurückgefallen. Für 2022 rechne man mit einem Umsatz von 26 Millionen Euro.
Das Passagieraufkommen am Flughafen Graz wuchs von 2014 bis 2019 jedes Jahr um drei Prozent. 2020 gab es dann den freien Fall, 2021 eine leichte Steigerung. In diesem Jahr wurden bis Anfang November 480.000 Passagiere transportiert. Insgesamt sind 550.000 Passagiere prognostiziert. Der touristische Verkehr hat sich dabei schneller erholt als der Geschäftsreiseverkehr, der laut Grimus erst 2025/26 wieder das Niveau von 2019 erreichen dürfte.
Flughafen Graz zeigte sich gut aufgestellt
Während der Pandemiezeit gab es aber auch Zuwächse. So sei die General Aviation 2021 um 30% gewachsen - nicht nur aufgrund der Business-Jets, sondern auch durch den erhöhten Einsatz von Hubschraubern des ÖAMTC und des Bundesheeres. Auch die Fracht verzeichnete in der Covid-Zeit einen beachtlichen Zuwachs von 20%.
Der Sommer 2022 war dann für die Luftfahrt eine einzige Herausforderung. Der Flughafen Graz sei aber gut aufgestellt gewesen, betonte Grimus: „Dank Kurzarbeit haben wir es geschafft, das Personal mit 250 Mitarbeitern zu halten. Kein Flug wurde storniert, kein Koffer ist stehengeblieben. Jetzt hat sich das System wieder stabilisiert“.
67 Prozent fliegen geschäftlich ab Graz
Laut einer Umfrage ist der typische Graz-Passagier männlich (62%), 31 bis 50 Jahre alt (40%), Geschäftsreisender (46%) und Vielflieger (36%). immerhin 67% fliegen geschäftlich, 33% privat. Die Passagiere kommen dabei aber nicht nur aus der Steiermark, sondern auch aus Kärnten, Westungarn und Nordslowenien. Mit den Marketingaktivitäten erreiche man rund 3,1 Millionen Fluggäste, so Grimus.
Ihnen werde eine Top-Infrastruktur geboten: Der Terminal habe mit einer Kapazität für 1,5 Millionen Passagiere noch genug Platz, es gebe 21 Check-In Counter, vier Passagierkontrollspuren, 14 Gates, mehr als 1.000 Quadratmeter Fläche für Shopping und Veranstaltungen, eine ansprechende Gastronomie, eine elegante VIP-Lounge, die während der Pandemiezeit renoviert wurde, ausreichend Parkplätze und kurze Wege am Airport.
Aktuelle Herausforderungen der Branche
In der anschließenden Podiumsdiskussion zu den aktuellen Herausforderungen der Branche berichtete Sabine Toplak (Accor Hotels) von den Problemen der Hotels, Personal zu finden, und den hohen Energiekosten, die sich in etwa verfünffacht haben. Gebäude könne man auch nicht transformieren. Vor allem bei großen alten Hotels gebe es enorme technische Herausforderungen, die sehr kostenintensiv seien.
„Für Austrian Airlines war das Personal nicht eine so große Herausforderung, da es eine Kurzarbeitsförderung gab und man niemanden entlassen musste“, erklärte Alexander Schnecke. Sehr wohl gab es aber ein Personalthema bei den Systempartnern. So wurden zum Beispiel in Brüssel die Koffer nicht ausgeladen, in Warschau waren alle Fluglotsen weg und durch generelle Personalengpässe bei der Air Control war speziell der Luftraum in den Süden sehr „verspätungslastig“.
Viele Mitarbeiter wollen nicht mehr reisen
Laut Peter Tolinger (BTU) ist es in seinem Unternehmen punktuell gelungen, die Mitarbeiter zu halten, aber ein Drittel habe sich doch aufgrund der langen Dauer der Kurzarbeit neu orientiert. „Die TMC´s müssen sich neu erfinden und eine neue Personaldecke suchen. Eine große Herausforderung ist auch der Kostendruck von Kundenseite. Viele Mitarbeiter wollen nicht mehr reisen und es gibt keine Planungssicherheit“, so Tolinger.
In der Mietwagenbranche ist laut Christian Fux (Hertz) die Beschaffung neuer Autos die größte Herausforderung. Dies werde sich auf dem Elektrosektor nochmals verschärfen. Die Autos würden üblicherweise geleast und regelmäßig ausgetauscht, doch hier konnten die Stückzahlen nicht nachgeliefert werden. Man habe die Fahrzeuge dann länger behalten. Daher habe sich die Lage etwas entspannt.
Volumen von 2019 ist nicht mehr zu erreichen
ABTA-Präsident Roman Neumeister stellte die Frage nach den Herausforderungen auch an die Firmenvertreter im Publikum. Laut den Travel Managern von AVL spiegeln sich die Probleme auf Firmenseite wider. So würden Personaleinsparungen und der damit verbunden häufige Wechsel von Ansprechpartnern zu erschwerter Kommunikation im alltäglichen Geschäft führen.
Die größte Herausforderung seien jedoch die Reisenden. Sie hätten nach zwei Jahren die Geduld verloren. Manche würden auch gar nicht mehr reisen wollen. Das Volumen von 2019 werde man nicht mehr erreichen. Dazu hätten sich die virtuellen Meetings zu sehr durchgesetzt.
Der Arbeitsaufwand ist enorm gewachsen
Nicht zuletzt sei der zeitliche Arbeitsaufwand enorm gewachsen. Durch die gestiegenen Preise müssten viele Reisen extra genehmigt werden und es werde immer hinterfragt, ob die Reise auch wirklich notwendig sei. Wenn doch gereist werde, würden die Reisen länger dauern. Man bleibe zum Beispiel drei Wochen und buche vermehrt Appartements.
Das Verhalten der Geschäftsreisenden werde auch Einfluss auf das Flugangebot haben, ergänzte Wolfgang Grimus und stellte die Frage: „Wie bekommen wir die Corporates aus der virtuellen Welt wieder heraus?“ Viele hätten sich in der Pandemiezeit angewöhnt, kürzere Strecken mit dem Auto zu fahren statt zu fliegen - beispielsweise nach Stuttgart, was eine schnellere Rückkehr ermögliche. „Die klassische Tagesrandverbindung gibt es fast nicht mehr“, stellte Grimus fest.
Aber es gibt auch Positives in der Branche ...
Auf die Frage in die Runde nach etwas Positivem in der Branche antwortete Sabine Toplak: „Der Hotellerie geht es wieder relativ gut. Man kommt nicht mehr zurück auf das Niveau 2019, aber es werden längere Aufenthalte gebucht. Das ist kostentechnisch besser.“ In der Mietwagenbranche ist laut Fux nach wie vor die klassische Vermietung das Wesentliche: „Wir haben einiges dazugelernt und sind bemüht, für den Kunden alles einfacher zu gestalten.“
Hausherr Wolfgang Grimus glaubt an steigende Passagierzahlen und hofft, dass die Reisenden in Zukunft am wenigsten am Reisen sparen. Egal ob Leisure oder Business: Der Flughafen werde versuchen, eine optimale Plattform vor der Haustür zu bieten. Alex Schnecke betonte nochmals das „commitment“ von Austrian Airlines zu Graz und zur Wirtschaft. (Dr. Elisabeth Zöckl)