Kommentar: Flugverkehr - ein Comeback mit vielen Hindernissen
Spätestens mit der Öffnung Chinas für den internationalen Flugverkehr scheint die Welt die Corona-Pandemie endgültig hinter sich gelassen zu haben.
Ein Kommentar von Christian Pöchhacker
Die Nachfrage nach Flugreisen ist im vergangenen Jahr kräftig angezogen und wird wohl 80% des Vorkrisenniveaus erreichen. Für 2023 ist ein weiteres Comeback prognostiziert – doch es gilt, auch noch einige Herausforderungen zu meistern, um einen reibungslosen Flugbetrieb sicherstellen zu können.
Frisch sind noch die Erinnerungen an das Flugchaos des vergangenen Sommers, das so manchem europäischen Airport Negativschlagzeilen beschert hat. Die im Frühjahr 2022 stark anziehende Nachfrage hat viele in der Branche auf dem falschen Fuß erwischt. Sowohl Airlines als auch Flughäfen haben ihr Business stark heruntergefahren, Personal entlassen und Flugzeuge stillgelegt. Und so traf eine starke Nachfrage eine schlecht vorbereitete Branche. In der Zwischenzeit hat sich zwar einiges gebessert. Beispielsweise übernimmt der Flughafen Frankfurt ab 2023 selbst die bisher in öffentlichen Händen gelegene Fluggastkontrolle, was zu einer verbesserten Effizienz führen sollte.
Deutschland hinkt Entwicklung hinterher
Zu wünschen übrig lässt die Erholung in Deutschland, das mit 153 Mio. Passagieren im Zeitraum von Jänner bis November 2022 zwar ein Wachstum von 116,6% zum Vorjahr verzeichnen konnte, aber noch immer 34,4% unter Vorkrisenniveau ist. Mit dieser Entwicklung liegt Deutschland am unteren Ende der großen europäischen Luftverkehrsmärkte. Während sich die Langstrecke einer guten Nachfrage erfreut und der touristische Verkehr im Sommer schon wieder Vorkrisenniveau erreichte, bleibt der innerdeutsche Verkehr weit hinter den Erwartungen zurück. Und wie der Verband der Deutschen Verkehrsflughäfen (ADV) berichtet, ist der Winterflugplan mit einem zurückhaltenden Angebot gestartet.
Die zögerliche Erholung des Nachbarlandes hat auch Auswirkungen auf Österreich. Nicht zuletzt hat auch der Rückzug von Billigfluglinien wie Easy Jet aus Berlin zu einem deutlich eingeschränkten Angebot an Flügen zwischen Österreich und Deutschland geführt. Und die Ausflottung der Dash-8 Turboprops durch die AUA hat nicht nur Auswirkungen auf den innerösterreichischen Flugverkehr.
Auch die für Geschäftsreisende wichtigen, mehrmaligen täglichen Anbindungen an die großen Hubs sind für Flughäfen wie Linz weggefallen und können auf Grund fehlender Flugzeuge nur schwer ersetzt werden.
Reduzierte Flotten
Neben Personal haben die Fluglinien in der Pandemie auch ihren Bestand an Flugzeugen drastisch reduziert. Noch vor der Krise war die AUA-Mutter Lufthansa mit 14 A380 Großraumflugzeugen unterwegs. Ein Comeback des weltgrößten Passagierflugzeugs schloss das Management zum damaligen Zeitpunkt aus. Auf Grund der stark anziehenden Nachfrage ist man jetzt dabei, einen Teil der Flotte zu reaktivieren. Ab dem Sommer 2023 sollen die Flugzeuge wieder für die Kranichairline starten. Mit ein Grund für das Comeback des Riesen-Airbus sind auch die Lieferprobleme der Hersteller. So kämpft Boeing mit gravierenden Entwicklungsverzögerungen beim neuen Langstreckenflugzeug Boeing 777X, das auch die Lufthansa bestellt hat.
Aus heutiger Sicht werden die ersten Flugzeuge wohl erst Anfang 2026, fünf Jahre später als geplant, an die ersten Airline-Kunden ausgeliefert werden. Und auch beim Boeing 787 Dreamliner hat die Airline mit Qualitätsproblemen in der Herstellung zu kämpfen. Lufthansa und auch Emirates zählen zu den Betroffenen der verspäteten Auslieferungen. Allein Emirates hat 30 Boeing 787-9 bestellt und wird die ersten Flugzeuge wohl erst 2024 erhalten. Dabei werden die zusätzlichen Kapazitäten dringend gebraucht. Insgesamt hat die Airline 200 neue Flugzeuge im Orderbuch stehen, neben der 787 auch die 777X und den Airbus A350. Schon jetzt fliegt die Airline wieder 90% ihres Streckennetzes mit gerade einmal 73% der Vor-Corona-Kapazität, wie Country Managerin Elisabeth Zauner im Gespräch mit tma betont.
Und so werden wohl ältere Flugzeuge länger im Einsatz bleiben müssen, um die sich weiter erholende Nachfrage decken zu können. Weniger effiziente Flugzeuge, in allen Bereichen weiter steigende Kosten, haben und werden auch Auswirkungen auf die Ticketpreise haben. Wie es scheint, wird aber die Nachfrage nach Flugreisen weiterhin hoch bleiben. Das Comeback des Flugverkehrs sollte sich somit auch 2024 fortsetzen. (red)