Langstrecke: Weniger Geschäfts- und Privatreisen geplant
Eine heute veröffentlichte internationale Roland Berger-Studie drückt nun absehbare Veränderungen in der weltweiten Langstreckenmobilität in Zahlen aus. So sank die Zahl der erwarteten Geschäftsreisen gegenüber 2019 um 28% (5 Prozentpunkte niedriger als bei der Umfrage 2021). Bei geplanten Privatreisen lag der Rückgang bei 19% (2021: 18%).
Die Roland Berger-Studie „Destination unknown: The future of long-distance travel“ zeigt auf, dass sich die Nachfrage nach Fernreisen in den vergangenen eineinhalb Jahren deutlich erholt hat, aber immer noch unter dem Vor-Pandemie-Niveau liegt. Dieses werde voraussichtlich auch 2023 nicht erreicht, heißt es. Einerseits reisen – vor allem durch Nachholeffekte – wieder deutlich mehr Menschen, gleichzeitig steigt im Vergleich zu 2021 laut Studie die Zahl der Befragten, die angeben, dass sie künftig weniger reisen wollen. Als Grund werden neben der verstärkten Nutzung von Online-Kommunikation immer öfter auch ökologische Bedenken genannt. Für die Studie führten die Experten Marktanalysen sowie eine groß angelegte Umfrage mit rund 7.000 Verbrauchern in sieben Ländern durch.
„Die Aufhebung der Covid-bedingten Reisebeschränkungen hat dem Flug- und Bahnverkehr in den vergangenen 18 Monaten weltweit einen starken Schub verliehen“, sagt Jan-Philipp Hasenberg, Partner bei Roland Berger. „Trotzdem liegt die Nachfrage in den wichtigsten Märkten immer noch unter dem Niveau von vor der Pandemie. Zudem setzen weitere Faktoren wie die steigenden Energie- und Kraftstoffpreise oder der Fachkräftemangel die Anbieter unter Druck, ihre Betriebsabläufe effizienter zu gestalten.“
Mehr Reisetätigkeit durch Nachholeffekte
Verglichen mit Ergebnissen der Vorgängerstudie aus 2021 sowie einem Prä-Covid-Index von 2019 zeigen sich deutliche Veränderungen. So stieg in den USA die Nachfrage nach Flügen im ersten Halbjahr 2022 auf 87% des Vor-Covid-Niveaus (18 Prozentpunkte mehr als 2021). Auch in Europa erholte sich der Luftverkehr, trotz Ukrainekrieg und wirtschaftlicher Herausforderungen. Im ersten Halbjahr 2022 lag die Nachfrage bereits wieder bei 60 bis 80% des Niveaus vor der Pandemie; 2021 waren es noch 20 bis 40%. Ähnlich beim europäischen Bahnverkehr: Er erholte sich auf etwa 75% des Niveaus vor Covid. In China hingegen sank die Nachfrage nach Flugreisen aufgrund der Covid-Restriktionen im ersten Halbjahr 2022 auf nur 32% des Vor-Pandemie-Niveaus, während sie 2021 noch bei 74% lag. Auch die Nachfrage nach Bahnreisen ging von 2021 auf 2022 um 37% zurück.
Kritischere Einstellung der VerbraucherInnen
Besonders stark zeigt sich die Zurückhaltung der Verbraucher bei weiten Strecken: Die Zahl der geplanten interkontinentalen Geschäftsreisen sank auf 42% des Vor-Covid-Niveaus (22 Prozentpunkte weniger als 2021). Hauptgrund für das geänderte Mobilitätsverhalten ist die vermehrte Nutzung von Online-Kommunikation, sowohl bei Geschäftsreisen (von 61% der Befragten genannt) als auch bei Privatreisen (40%). Dahinter folgen bei Geschäftsreisen geänderte Reiserichtlinien (43%), neue gesetzliche Vorschriften (38%) und mit zunehmender Tendenz ökologische Gründe (37%; +8 ggü. 2021). Bei Privatreisen liegen auf dem zweiten Rang gesetzliche Vorschriften, finanzielle sowie ebenfalls ökologische Gründe mit jeweils 36%.
Mehr zahlen fürs Ticket
„Wie wichtig den Befragten der Faktor Umwelt- und Klimaschutz ist, belegen zwei Kernergebnisse unserer Umfrage: Zum einen plant eine Mehrheit, Flugreisen zugunsten von Bahn- oder Autoreisen einzuschränken. Zum anderen sind mit 90% fast alle Befragte bereit, 20% mehr für Flugtickets zu zahlen, wenn damit die Klimaauswirkungen von Flügen reduziert werden können“, betont Hasenberg. „Dementsprechend ist es für viele Anbieter derzeit das Top-Thema, ihre Angebotspalette um 'Grüne Produkte' mit entsprechend angepassten Preisen zu erweitern.“
Die vollständige Studie gibt es hier zum Download.