Unwetter und Hochwasser ertränkten Tourismushoffnungen
Die österreichische und mitteleuropäische Tourismuswirtschaft kommt im wahrsten Sinne des Wortes vom Regen in die Traufe. Das katastrophale Jahrhundertunwetter in unseren Breiten zeigt neben den tragischen lokalen Verwüstungen bereits erste Auswirkungen auf die Reise- und Buchungsfreudigkeit potentieller Urlauber: beide gehen zurück oder stagnieren umständehalber. Schlimmer ist die Situation im Incoming von Österreich und seinen Nachbarstaaten. Urlauber verlassen Hals über Kopf die Katastrophengebiete.
Die Unwetter haben in ganz Europa schwere Schäden angerichtet. Auswirkungen der heftigen Regenfälle haben in Mitteleuropa mindestens vier Todesopfer, in der Ukraine und in Russland nach Agenturmeldungen mindestens ein Dutzend Menschenleben gefordert. “Land unter” hieß es heute Montag in Salzburg. Bei einem Wasserstand von über 8 Metern drohte die Salzach Teile der Innenstadt zu überfluten. Geschäfte-, Kellerlokale und auch einige touristische Einrichtungen wie Reisebüros (TUI Reisecenter, Atlas Reisen etc.) wurden sicherheitshalber evakuiert. Gegen Mittag sank das neue Ausflugschiff Amadeus, sämtliche Brücken außer die der Autobahn A1 wurden gesperrt. In den meisten Geschäften musste der Strom abgeschaltet werden. Das Telefonnetz war schon vorher zusammengebrochen. Unter Problemen der Telekom hatte vor allem die Buchungszentrale von Thomas Cook in Wien zu leiden. Teile des zweiten Wiener Gemeindebezirks waren seit Vormittag ohne Telefonanschluss. In den Hochwasserregionen kommt es zu teilweise erheblichen Störungen im Lokal- und Regionalverkehr, da zahlreiche Straßen in Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Ober- und Niederösterreich überflutet und gesperrt sind. Besonders arg betroffen sind Stadt und Region Steyr. Dort drohte Montag Nachmittag eine Sturzflut die Stadt zu überfluten, deren flussnahe Teile bereits eineinhalb Meter unter Wasser standen. Auswirkungen im internationalen Bahn- und Flugverkehr liegen zur Zeit nicht vor. In Vorarlberg wurden bereits am Sonntag Teile von Lindau überflutet. Die Bodenseeschifffahrt ist arg in Mitleidenschaft gezogen.Chaos in BayernDie Unwetter haben in der Nacht auf Montag in Teilen Bayerns zu neuem Hochwasserchaos geführt. Am kritischsten war die Lage im Landkreis Traunstein, wo ein Damm und eine Brücke brachen. Es gab Katastrophenalarm, so wie in den angrenzenden Bundesländern Österreichs.Lage in Tschechien verschärftIn Tschechien hat der heftige Regen am Montag die Lage in der südböhmischen Krisenregion verschärft. Vor allem die Städte Ceske Budovice, Krumau und Prachatitc sind betroffen.Italien leidet unter Dauerregenfällen; Schnee und BesucherfluchtIn Nord- und Mittelitalien fielen zum Wochenende innerhalb weniger Stunden bis zu 120 Liter Regen pro Quadratmeter. In Piemont und im Aostatal traten zahlreiche Flüsse über die Ufer. Auf den Bergen fiel bis 2000 Meter herab Schnee, einige Passstraßen waren unpassierbar. In Rom hatten schwere Hagelstürme und Gewitter den Verkehr stundenlang lahmgelegt. Der Tiber trat über die Ufer und am Flughafen Fiumicino verzögerten die Wassermassen Starts- und Landungen. Im Bereich Sardinien, auf der Insel Capri und in Sizilien war der Fährverkehr wegen hohen Wellenganges stundenlang eingestellt.Katastrophale Schäden auch in der UkraineDie beliebten Badeorte am Schwarzen Meer waren besonders arg betroffen. Ein verheerende Sturzflut riss ganze Campinganlagen und Feriensiedlungen ins Meer. Auch zahlreiche Schiffe dürften im Sturm gekentert sein. Genaue Zahlen über Opfer und Schäden liegen derzeit nicht vor.Schlechte Stimmung in UrlaubsortenAm Wochenende gab es in Österreich, Bayern, Teilen der Schweiz, Italiens und Spaniens nicht nur überflutete Häuser und Probleme im Verkehr, sondern auch schlechte Stimmung bei den Urlaubern. Strände und Uferpromenaden etwa in Italien und an der Costa Brava blieben menschenleer. Touristen flüchteten erst in ihre Unterkünfte, dann aus den jeweiligen Regionen, wo sie im wahrsten Sinne des Wortes vom Regen in die Traufe fuhren. Italien ist besonders arg betroffen. Der August ist traditionell der beliebteste Urlaubsmonat, in dem die Italiener zu Ferragosto vom sonst heißen Hinterland ans Meer oder in die kühlen Berge reisen. Die Hoteliers fürchten jetzt Rekordausfälle. An der Adria war zuvor schon ein Rückgang bei ausländischen Gästen beklagt worden, was die Regionen und örtliche Hotelverbände auf Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Deutschland und Terrorangst zurückführten. Allein in Italien waren die Einnahmen aus dem Tourismus in den ersten fünf Monaten des Jahres um 8,8 Milliarden Euro zurückgegangen, teilte Enit am Freitag in Rom mit. Ein Minus von 11 Prozent. Ausgeblieben sind laut Enit-Präsident Amedeo Ottaviani aber auch Städte- und Kulturreisende etwa in Florenz, wofür der Enit-Chef die Talfahrt der Aktienmärkte verantwortlich macht. Weniger arg betroffen sehen sich die Baleareninseln. Von dort können die Urlauber zumindest nicht flüchten. Der Präsident des Hotelierverbandes, Pere Canellas hat heute Montag auch nur von "einigen wenigen Buchungsrücktritten" aus den Quellmärkten gehört. "Die Zahl der Stornos sei so gering, dass sie nicht ins Gewicht fällt!" Dabei hatten Gewitter und Wolkenbrüche auch auf Mallorca zu Überschwemmungen und zu einem Kälteeinbruch, 15 Grad Celsius, geführt.Ende der Unwetter nicht vorhersehbarEine Entspannung der Wettersituation dürfte in Österreich erst ab Mittwoch eintreten, sagen Meteorologen. Nach den sintflutartigen Regenfällen drohen jetzt Stürme aus Nordwest. Diese dürften die Regenwolken zwar vertreiben. Jedoch müssen dann Ungarn, zusätzlich zur Hoch wasserwarnung entlang der Donau, und seine Nachbarstaaten mit Unwettern rechnen.