VDR kürt PRISM zum „Geschäftsreise-Ärgernis 2013“
Der GeschäftsreiseVerband hat den Negativ-Preis „Return to Sender“ an alle Airlines verliehen, die Unternehmen zur Weitergabe von Flugdaten an den US-amerikanischen Datenhändler verpflichten.
Bereits im Februar hatte der VDR seine 548 Mitglieder – Wirtschaftsunternehmen und Anbieter im Geschäftsreisemarkt – nach dem größten Aufreger im vergangenen Jahr gefragt. Platz 1 ging dabei mit 44 Prozent eindeutig an die Weitergabe von Flugdaten an die PRISM Group.
Wartezeiten durch Sicherheitskontrollen an Flughäfen (16%) und die Reform des Reisekostenrechts (11%) landeten auf Platz 2 und 3. Außerdem wurden die New Distribution Capability der IATA, die Vorschläge der EU-Kommission zur Überarbeitung der Fluggastrechteverordnung, Lufthansa/Germanwings, die Bettensteuer und die Bahnpreispolitik genannt.
Sensible Unternehmensinformationen gehen in die USA
Der Grund für die Aufregung: Viele Fluggesellschaften verpflichten Unternehmen in ihren Rahmenverträgen dazu, ihre Flugbuchungsdaten über das Reisebüro an den Datenhändler PRISM weiter zu leiten. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum Flugbuchungsdaten an einen weiteren Marktteilnehmer geliefert werden sollen. Die PRISM Group hat zwar das Safe Harbour-Abkommen unterschrieben, aber nach den jüngsten Datenskandalen ist dessen Schutzwirkung mehr als fraglich“, sagt Vizepräsident Ralph Rettig.
Bei den Daten, die über das Reisebüro zur PRISM Group gelangen, handelt es sich um sensible Unternehmensinformationen. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass PRISM neben den Informationen über die Flugaktivitäten der Unternehmen auch Vor- und Zuname des Passagiers sowie die Kreditkartennummern und weitere Einzelheiten erhält. Diese Datentiefe ist für den Zweck, dass PRISM den Airlines die Daten für das Vertragsmonitoring aufbereitet, jedoch nicht erforderlich“, sagt VDR-Präsident Dirk Gerdom.
Ticketnummer allein wäre eigentlich ausreichend
Im Rahmen der Firmenverträge wäre es sogar ausreichend, ausschließlich die Ticketnummer an die Fluggesellschaft zu liefern. Deshalb sieht beispielsweise der „VDR-Mustervertrag Flug“ nur die Datenlieferung vom Unternehmen direkt an die Fluggesellschaft vor. Je nach Flugstrecke können die Airlines aus den PRISM-Reports außerdem wichtige Informationen über die Buchungen der Firmen bei anderen Fluggesellschaften herauslesen. Solche „Market-Share“-Vereinbarungen sind zwar in den USA möglich, in Europa jedoch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen untersagt.
Der VDR ist seit 2010 in Kontakt mit PRISM. „Die Informationen seitens PRISM, der Reisebüros und der Airlines sind gekennzeichnet von Widersprüchen. Dadurch ist die Situation leider immer noch sehr undurchsichtig“, so Gerdom. Noch hat der VDR keine transparente Auskunft von PRISM erhalten, wie die Datensätze im Detail aussehen, auf welchem Wege PRISM diese erhält und wie die Daten maskiert, ergänzt oder gespeichert werden.
VDR befürchtet Wettbewerbsverzerrungen und höhere Preise
Klar ist: Airlines verfügen über sehr detaillierte Informationen zum Reiseverhalten der Mitarbeiter und des Unternehmens. Damit können Fluggesellschaften Rückschlüsse auf Mitbewerber und deren Marktanteile sowie auf die Durchschnittspreise pro Strecke ziehen und Firmenkunden gezielte Angebote unterbreiten. Das kann langfristig zu Wettbewerbsverzerrungen und höheren Preisen für Unternehmen führen.
„Die Zwickmühle für Unternehmen ist: Unterschreiben sie die Datenlieferungsvereinbarung nicht, bleiben ihnen die attraktivsten Raten verwehrt oder sie müssen gar ganz auf eine Vereinbarung verzichten“, erklärt Hans-Ingo Biehl, Hauptgeschäftsführer des deutschen GeschäftsreiseVerbands VDR: „Wir empfehlen trotzdem, entsprechende Vertragsbestandteile aus den Verträgen herauszunehmen. Sollten sich Unternehmen dennoch zu einer Weitergabe der Daten an die PRISM Group entscheiden, sollten vorab die Bereiche Unternehmenssicherheit, Datenschutz und Recht eingeschaltet und über die kritischen Punkte aufgeklärt worden sein.“ (red)